Schweinfurt - Dies ist die unglaubliche Geschichte einer Männerfreundschaft, die in Bordells zwischen Berlin und Bad Kissingen begann und vor dem Schwurgericht in Schweinfurt endete.
Denn hier muss sich jetzt der ehemalige Gemeinderat der unterfränkischen Gemeinde Löffelsterz, Klaus A. (51), wegen versuchten Mordes an seinem Nachbarn Holger H. (42) verantworten. Der Grund: Weil H. die ständigen Schikanen von Klaus A. mit der Videokamera aufnehmen wollte, soll A. mit einer Axt auf ihn eingeschlagen haben.
Vor zehn Jahren lebten beide noch harmonisch Zaun an Zaun in dem Schonunger Ortsteil. Mit ihren Frauen fuhren sie in gemeinsame Urlaube am Gardasee oder an den Timmendorfer Strand. Erste Risse bekam das Band der Freundschaft, als Klaus A.’s Frau auszog. „Die Frau meines Nachbarn behauptete, ich hätte sie geschlagen – und im Dorf erzählte man sich, ich habe sie abstechen wollen“, schilderte Klaus A. dem Richter.
Die irrsten wahren Geschichten der Welt
Als Holger H.’s Frau ihren Nachbarn deswegen zur Rede stellte, berichtete er ihr von den Besuchen ihres Mannes „in den Toleranzzonen der Republik“. Heißt: In Bordellen. Sie selbst sei halt frigide. Nun ging es Schlag auf Schlag: Erst errichtete Holger H. einen Zwei-Meter-Zaun und warf – laut Klaus A. – den Aushub aufs Nachbarsgrundstück. A. rächte sich mit einer Anzeige, weil Holger H. sein Carport mit einem Pult- statt einem Satteldach gebaut habe. Dann sollen Putzmörtelspritzer am Haus von Klaus A. geklebt haben, wofür der sich wiederum mit dem Abfeuern von Gummiteilen revanchierte – just dann, wenn sein verhasster Nachbar H. arglos im Garten grillte. Auch ein Besenstiel soll ihn getroffen haben.
Schließlich geschah eine wahre Tragödie: Im Januar 2009 warf sich die psychisch labile Frau von Holger H. vor einen Zug. Der Witwer beschuldigt Klaus A., sie in den Selbstmord getrieben zu haben. Hintergrund: Als Klaus A. die Frau seines Nachbarn einmal auf der Garage stehen sah, rief er ihr zu „Wenn du dich umbringen willst, dann geh halt einen Stock höher.“ Von den Problemen der Frau habe er nichts gewusst, verteidigte sich A. im Prozess. Er bestätigte aber, dass er nach ihrem Tod immer wieder laut das Lied „No woman no cry“ von CD abgespielt habe – und mit einer Perücke vor seinem Kontrahenten auf und ab getanzt sei.
Er habe sich rächen wollen, weil Holger H. ihn als Mörder verunglimpft habe. Nur weil dieser immer wieder um sein Haus herumgeschlichen sei und „Fuck you“ in den Schnee geschrieben habe, habe er zum Eigenschutz eine Axt bereitgestellt.
Am 4. Juli 2009 kam es dann zum absoluten Eklat: Als Holger H. am Haus von Klaus A. vorbeifuhr, zeigte dieser ihm den Stinkefinger. Laut Anklage wendete H. und zückte seine Videokamera, um die Beleidigung zu filmen. Erbost habe A. ihm daraufhin die Kamera aus der Hand geschlagen. H. habe nur die Zunge herausgesteckt und sei weitergefahren. Als er noch einmal vor dem Haus von Klaus A. vorfuhr und die Kameralinse auf ihn richtete, soll der Angeklagte dann vollends ausgetickt sein: Mit der hinter dem Rücken versteckten Axt soll er auf H. zugelaufen sein und schließlich durchs offene Fenster auf den jüngeren Mann eingeschlagen haben.
„Ich wollte ihn nicht töten, ich wollte nur die Kamera treffen“, verteidigte sich der Ex-Gemeinderat. Sein Opfer erlitt eine Risswunde, zudem wurde die Finger-Strecksehne der linken Hand durchtrennt. Seinen Beruf als Estrichleger kann er seitdem nicht mehr ausüben. Bauarbeiter Klaus A. droht nun eine lebenslange Haft!
Der große Nachbarschaftskrieg – viele Anwohner sind davon überzeugt: Die Fehde wird wohl erst enden, wenn wirklich einer der zwei Männer die so idyllisch wirkende Wohnstraße für immer verlassen hat.
tz
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